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Wie unterscheidet sich der Einband mittelalterlicher Kodizes von modernen Büchern?

Auch wenn die Kodizes des Mittelalters auf den ersten Blick äußerlich modernen Büchern durchaus ähneln, gibt es doch einige Besonderheiten, die sie sich vom heutigen Buchformat unterscheiden. Kodizes sind in ihrem Aufbau insofern mit dem modernen Buch vergleichbar, da sie in der Regel im Hochformat verfasst sind und die Seiten des Kodex ähnlich einem Buchdeckel auf der Vorder- und Rückseite eingefasst sind.  Doch diese Einbände sind vom Material und von der Ausführung ganz anders geartet als moderne Buchdeckel: Mittelalterliche Kodizes wurden üblicherweise in schwere, lederbezogene Holzdeckel eingebunden; der so entstandene Einband war außerdem zusätzlich mit Verschlüssen aus Metall oder ebenfalls Leder versehen.

Die massiven Holzdeckel hielten den Kodexblock in Form und bewahrten die Seiten sicher vor Beschädigungen. Die Kodexseiten bestanden aus Pergament, der sehr anfällig für das Aufnehmen von Feuchtigkeit war, so dass die einzelnen Seiten sich ohne den Schutz des Holzdeckeleinbandes möglicherweise gewellt hätten. Die Schließen dienten ebenfalls dazu, den Block des Kodex zusammenzuhalten und das beschriebene Material vor äußerlichen Einflüssen zu schützen. Da im Mittelalter der Block der Seiten an der Stelle des Rückens fest mit dem Material des Einbandes verbunden war, entstand fast immer automatisch eine Spannung. Diese führte dazu, dass der Kodexdeckel im Liegen aufklappte und der Kodex nur durch die Schließen der Metallelemente in einen geschlossenen Zustand gebracht werden konnte.

Das tatsächlich verwendete Material des Einbandes hing im Übrigen stark vom Verwendungszweck des jeweiligen Kodex ab: Schriften, die der täglichen Verwendung dienten, wurden von preisgünstigen Deckeln aus Pappe oder Schweinehaut zusammengehalten, kostbare und besondere Schriften zeichnen sich durch einen Einband aus hochwertigen Materialien wie Rindsleder oder gar Seide aus, der auch mit weiteren Schmuckelementen wie Edelsteinen verziert sein konnte.

Aber viele Kodexdeckel enthielten auch weitere metallene Beschläge aus Messing oder Eisen, dazu gehören zum Beispiel Eckbeschläge oder sogenannte Knöpfe oder Buckel, die zentral in der Mitte des Einbandes angebracht waren. Diese Elemente dienten gleichsam zur Zierde wie der Verstärkung. Es zeigt sich auch, dass die Beschläge am Anfang noch recht klein und flach waren und mit der Zeit immer aufwändiger gestaltet wurden. Die Metallbeschläge wurden auch zur Sicherung der Kodizes verwendet: So konnte man an ihnen ebenfalls metallene Ketten montieren, die das jeweilige Werk an seinem Platz innerhalb einer Buchsammlung oder Bibliothek hielten.

Diese Praxis stammt allerdings aus einer Zeit, in der Kodizes liegend aufbewahrt und gesammelt wurden. Sobald man in der Renaissance dazu überging, sie wie auch heute noch üblich stehend und nebeneinander zu lagern, werden die Beschläge zu einem störenden Element und nicht weiterverwendet oder von älteren Werken nachträglich entfernt. Zur selben Zeit kommen übrigens auch die Deckelpappen auf, die unseren heutigen Buchdecken entsprechen.